Reisebericht Strasbourg (25.09. - 28.09.2009)

 

1. Tag: Anreise & Erste Eindrücke 

Zu dieser Tour bin ich mehr oder weniger zufällig gekommen... Eine ehemalige Kommilitonin aus Erlangen verbrachte in jenem Herbst 2009 gerade ihr Auslandssemester in Straßburg, und nach längerer Zeit beschloss ich, wieder Kontakt mit ihr aufzunehmen. Es dauerte nicht lange, und es war klar, dass ich sie in Straßburg besuchen würde. 

So machte ich mich also an einem Freitagmorgen dieses ungewöhnlich sonnigen Septembers mit meinem Auto auf die ca. 600km lange Reise über den Rhein ins Elsass. Nach gut einer Stunde flüssiger Fahrt erwartete mich jedoch ein mehr als stauträchtiger Vormittag. Durch einen schweren Unfall war das Walldorfer Kreuz unweit von Sinsheim stark beeinträchtigt, und ich fand mich in einer kilometerlangen Blechlawine wieder, die ihresgleichen sucht. Nach fast 90 Minuten Zähfluss konnte ich endlich über jenes Walldorfer Kreuz von der A6 auf die A5 wechseln und in Richtung Schwarzwald düsen. 

Spätestens nach einer weiteren Stunde war mir doch sehr langweilig unterwegs, und ich war echt froh, als ich nach gut 5,5 Stunden endlich die Ausfahrt von Kehl am Rhein nehmen konnte, und über die Bundesstraße in diese Grenzstadt einfahren konnte. Mit einem Schlag fühlte ich mich bereits wie in Frankreich. Das schöne Wetter, die, verglichen mit Deutschland, deutlich ansehnlicheren weiblichen Stadtbewohner und die schönen Häuschen überall ließen keine andere Möglichkeit zu. 

Eine Brücke über den Rhein später befand ich mich dann tatsächlich auf französischem Boden. Meine Jugendherberge lag direkt mit "vue sur le Rhin" auf dem Grenzstreifen und bot eine wunderbare Aussicht auf den Rhein und den "Jardin des Deux Rives", eine Grünanlage mit vielen Pflanzeninstallationen, die sich über beide Seiten des Flusses erstreckt und durch die Fußgängerbrücke "la Passerelle" verbunden ist. 

Erfreut über den videoüberwachten Parkplatz der Auberge checkte ich ein und bezog mein Bett in einem typischen Dreibettzimmer. Die Sauberkeit, Weitläufigkeit und Gastfreundlichkeit in der Herberge überzeugte mich sofort. Per Telefon verabredete ich mich mit meiner Kommilitonin Lisa vor einem der Uni-Gebäude, die es nun zu finden galt. 

Von der Unterkunft aus führte ein praktisch unbefahrener Weg vorbei an einer Boule-Anlage, einer Pferdekoppel und anderen Freizeiteinrichtungen zum Bus-Stop. Nach nur zwei Stationen konnte ich in die Tram umsteigen, das Hauptverkehrsmittel von Straßburg. Die weitläufige Universität hat mich durchaus begeistert! Ein großer, freundlicher Campus mit vielen eng zusammenstehenden Gebäuden, hoch frequentiert von den beinahe durchweg gut aussehenden Studenten (und vor allem Studentinnen). Ein erster Eindruck auf das Französisch, das hier gesprochen wurde, ermutigte mich: Hochfranzösisch wie in der Schule, wenig Dialekt! 

So freute ich mich, als ich nach fast 5 Monaten Lisa wiedertraf, doch leider musste sie noch ein Bewerbungsgespräch absolvieren, was dazu führte, dass ich zwei Stunden in einem Uni-Gebäude auf sie warten musste. Dass es ihr unangenehm war, muss ich nicht extra sagen, aber zum Glück hatte ich  meinen iPod dabei... Zur Entschädigung bekam ich dann bei ihr in der Wohnung (ein typisch elsässisches Holzboden- und Fachwerkgebäude mit viel Charme) einen leckeren Flammkuchen. Begeistert war ich vom Vorhandensein meines geliebten "Canada Dry" Ginger Ales, das ich in Frankreich niemals erwartet hätte. 

Da Lisa von einer langen Uni-Woche und ich von der Anfahrt müde war, wurde der Abend nicht mehr sonderlich lang. Nach der Rückfahrt in die Herberge atmete ich erleichtert durch, da mir das Zimmer zumindest für die erste Nacht allein zu gehören schien, worüber sich  Einzelkinder einfach immer freuen. 

 

2. Tag: Jardin des Deux Rives, Europaparlament und Innenstadt
Nach einer erholsamen Nacht überraschte mich die Auberge "Vue sur le Rhin" erneut positiv mit einem hervorragenden und reichlichen Frühstück. So gestärkt beschloss ich, zunächst den Jardin des Deux Rives vor der Haustür zu besichtigen. Die gepflegten und fantasievollen Pflanzenkreationen zogen mich sofort in ihren Bann. Über die Passerelle machte ich auch einen Abstecher nach Deutschland und fand mich sogleich in einem Villenviertel wieder. 

Bevor ich mich mittags wieder mit Lisa treffen wollte, schob ich noch einen Abstecher mit der Tram zum europäischen Parlament ein, das ich aber nur von außen anschauen konnte. Nicht einmal 20 Minuten später saß ich schon wieder in der schnellen und zuverlässigen Tram zum Place Kléber, dem zentralen Brennpunkt der mittelalterlichen Innenstadt Straßburgs. 

Problemlos traf ich wieder mit Lisa zusammen und gönnte mir mit ihr zusammen zunächst eine kleine Stärkung in einem Sandwich-Restaurant. Danach gingen wir in einige Geschäfte rund um den Place Kléber, darunter FNAC, der französische Media-Markt. Vorbei an vielen alten Fachwerkhäuschen und Souvenirshops, staunend über die Massen an Touristen, überquerten wir mehrere Nebenarme der Ill, um schließlich zum Multiplex-Kinopalast zu gelangen, wo wir uns einen Film für den Abend aussuchten. Faszinierend an dieser Region rund um den Fluss waren zwei Kräne, die abends beleuchtet sind und von einem Künstler zweckentfremdet wurden. 

Nach einem weiteren Einkaufszentrum begaben wir uns zurück ins Stadtzentrum, vor das Portal des gigantischen Münsters mit dem charakteristischen Einzelturm (für den zweiten fehlte das Geld). Dort trafen wir andere deutsche ERASMUS-Studenten, mit denen ich  mich auf Anhieb gut verstand, und begannen eine Stadtführung, die uns u.a. zum Palast des Erzbischofs, einem versteckten Platz mit vielen Restaurants und ins Gerberviertel führte. Abschließend kamen wir noch zum Place Guttenberg (bis heute streiten ja Mainz und Straßburg über die "Rechte" am Ruhm des Erfinders des Buchdrucks). 

Lisa lud mich dann erneut in ihre Wohnung ein, wieder mit Flammkuchen zum Abendessen. Da filmmäßig wenig geboten war, gaben wir uns mit einem richtig schlechten 4. Teil von "Final Destination" im Kino zufrieden, der aber keineswegs unseren Geschmack traf. Ich brachte Lisa wieder nach Hause und verabschiedete mich dann für die Nacht zurück in die Herberge. 

Dort sollte es auch noch eine Überraschung geben: Als ich die Tür aufmachte, fand ich einen etwas seltsamen Franzosen im anderen Bett vor, der ziemlich verschüchtert wirkte und zu keinen guten Gesprächen taugte. Später in der Nacht kam noch ein dunkelhäutiger Junge dazu, ebenfalls Franzose, und wie sich am Morgen herausstellen sollte, deutlich kommunikativer! 

 

3. Tag: Musée d'Alsace & Orangerie 

Wieder gab es ein sehr gutes Frühstück nach einer weniger erholsamen Nacht, und mit dem Franzosen konnte man sich auch ganz gut unterhalten. Mit der Tram fuhr ich zum Münster und kaufte mir eine Eintrittskarte für die Treppe des Kirchturmes. Ca. 600 Treppenstufen später hatte ich eine grandiose Aussicht auf Straßburg, die Vogesen und den Schwarzwald. 

Danach traf ich wieder mit Lisa und den deutschen ERASMUS-Studenten zusammen, da ein Besuch im Musée d'Alsace geplant war. Diese Ausstellung befasst sich mit dem Leben der einfachen Leute im Elsass im Lauf der Jahrhunderte - und das Ganze in sehr liebevoller Atmosphäre. Eintritt musste ich auch keinen zahlen, da ich mich einfach selbst als ERASMUS-Student ausgab. 

Zwei informative Stunden später liefen wir zurück zum Place Kléber und aßen zu Mittag. Für den Nachmittag suchten wir uns einen Spaziergang durch die Orangerie Straßburgs aus, eine weitläufige Grünanlage mit Gratis-Zoo und vielen Blumenbeeten, die auch im Herbst noch leuchten und blühen. Nachdem wir die Sonne für einige Zeit noch einmal so richtig einsogen (der Herbst stand bevor), besichtigten wir noch den kleinen Zoo, dessen Highlight wohl die Unmengen an Störchen war. Eine etwas durchgeknallte Ente wusste das wohl und quakte im Storchengehege vergeblich um die Aufmerksamkeit ihrer größeren Verwandten und der Menschen... 

Den späten Nachmittag wollten Lisa und ich nicht weiter verplanen, da schließlich Wahlsonntag in Deutschland war. Also saßen wir vor der Deutschen Welle am TV und verfolgten den Wahlerfolg von Guidos und Angies Gurkentruppe. Die Frustration über den Erfolg der falschen Seite mussten wir irgendwie verarbeiten, weswegen wir uns für ein marokkanisches Abendessen an einem wunderschönen verkehrsberuhigten Innenstadtplatz entschieden. Ich brachte Lisa dann noch nach Hause, bedankte mich für das schöne Wochenende und verabschiedete mich von ihr. 

Immerhin konnte ich die letzte Nacht in Straßburg wieder allein in meinem Zimmer verbringen... Die Eindrücke vom Wochenende verarbeitend schlief ich langsam ein. 

 

4. Tag: Rückfahrt

Da man mit dem Auto einigermaßen unabhängig ist, fuhr ich am Montag noch einmal in die Innenstadt und deckte mich beim Virgin MegaStore mit französischem Lesestoff ein. Erst danach setzte ich mich wieder hinters Steuer und gab Gas in Richtung Heimat. Mit nur einer Rast im unbedeutenden Kaff Hoffenheim kam ich nach ca. 4,5 Stunden zu Hause an. Ein durchweg schöner Kurztrip, der nicht besser hätte laufen können!